In einer aktuellen Entscheidung hat der Bundesgerichtshof Stellung zu Pflichtinformationen in Werbeprospekten genommen.[1] Werbetreibende müssen die geltenden Vorschriften für Verbraucherinformationen, insbesondere zum Widerrufsrecht, beachten. Der Umfang und die Ausgestaltung dieser Pflichten, sollen im Folgenden erörtert werden.
1. Gegenstand des Verfahrens
In dem Verfahren war die Frage zu klären, in welchem Umfang ein Versandhändler, der einen mehrseitigen Werbeprospekt mit Antwort- und Bestellkarten einsetzt, auf das Widerrufsrecht hinweisen muss. Der Werbetreibende hatte sich mit dem Hinweis auf ein bestehendes Widerrufsrecht begnügt. Unter der ebenfalls in dem Prospekt aufgeführten Internetadresse des Händlers, waren die Widerrufsbelehrung und das Muster-Widerrufsformular aufrufbar.
2. Ausgangslage
Die grundsätzlichen Informationen, die der Unternehmer dem Verbraucher zur Verfügung stellen muss, sind in Art. 246a § 1 EGBGB geregelt. In Abs. 2 verpflichtet das Gesetz zu umfangreichen Belehrungen zum Widerrufsrecht sowie zur Bereitstellung eines Muster-Widerrufsformulars.
Eine Erleichterung dieser Informationspflichten sieht Art. 246a § 3 EGBGB vor. Bei Fernkommunikationsmitteln[2] – also typischerweise Kataloge, E-Mails, Anrufe oder Ähnliches – mit begrenzter Darstellungsmöglichkeit müssen nur die dort aufgeführten Informationen zur Verfügung gestellt werden. Weitergehende Informationen müssen lediglich in geeigneter Weise an anderer Stelle zugänglich gemacht werden.
Somit stehen sich das unternehmerische Interesse an sinnvoller Nutzung verschiedener Werbeformen einerseits und der Verbraucherschutz andererseits gegenüber.
3. Urteil
In seinem Urteil legte der BGH Kriterien fest, von denen es abhängig ist, ob ein Werbemedium nur über begrenzte Darstellungsmöglichkeiten verfügt. Dies bestimmt sich nach den dem Kommunikationsmittel innewohnenden räumlichen und zeitlichen Eigenschaften und nach der wirtschaftlichen Entscheidung des Unternehmens bezüglich Dauer und Raum der Werbebotschaft[3]. Ein Fernkommunikationsmittel gilt demnach als in seiner Darstellungsmöglichkeit begrenzt, wenn der Anteil, den die Pflichtinformationen beanspruchen würde, mehr als ein Fünftel des gesamten verfügbaren Raumes des Werbeträgers ausmacht.
Allerdings kommt es nicht auf die vom Unternehmer getroffenen Entscheidungen bezüglich der Aufteilung und Nutzung des verfügbaren Raumes des Werbeträgers an. Entscheidend ist, ob eine technische Möglichkeit besteht, den Werbeträger derart zu gestalten, dass Raum für die Pflichtinformationen besteht, ohne dass diese mehr als 20% des gesamten Raumes einnehmen.
4. Fazit
Das
Urteil schafft mehr Klarheit für Unternehmer über die Informationspflichten
gegenüber den Verbrauchern. Dadurch wird ein Ausgleich geschaffen, sodass der
Werbecharakter bestimmter Medien nicht durch ein Übermaß an
Pflichtinformationen verloren geht. Ist die 20%-Grenze überschritten, kann zunächst
auf die Anfügung eines Muster-Widerrufsformulars verzichtet werden (solange
dies auf andere Weise in klarer und verständlicher Sprache, bspw. auf der Internetseite
des Werbetreiben, zur Verfügung gestellt wird). Auf die Übrigen Pflichtangaben
darf nur dann verzichtet werden, wenn diese ebenfalls mehr als ein Fünftel des
Raums des Werbeträgers in Anspruch nehmen würden. Vorsicht ist jedoch bei der
Gestaltung einzelner Werbeträger geboten. Reicht der Raum eines Flugblattes,
einer Broschüre oder eines Werbeprospekts allein aufgrund der gestalterischen
Entscheidung des Werbetreibenden nicht für die Pflichtangaben aus, ist die
Herabsetzung der Informationspflichten nicht gerechtfertigt. Ob und inwieweit
der Werbetreibende ggf. auch die Seitenzahl eines Werbeprospektes erhöhen muss,
um Raum für Verbraucherinformationen zu schaffen, geht aus dem Urteil aber
nicht hervor. Hierzu bleibt weitere Rechtsprechung abzuwarten.
[1] BGH, WRP 2019, 1176-1181 (Urteil vom 11.04.2019, I ZR 54/16).
[2] Vgl. dazu MüKoBGB/Wendehorst, 8. Aufl. 2019, BGB § 312c Rn. 13-16.
[3] EuGH, GRUR 2019, 296 Rn.38-39 – Walbusch/Zentrale.